Mehr Meer!

Meer sehen ist mehr verstehen!

Ein Mann, den ich kenne, hat einmal gesagt: „Wenn ich den See seh´, brauch´ ich kein Meer mehr!“.

Mich störten damals die Ufer an dem See, die ich immer noch sehen konnte und die Bäume und die Menschen und überhaupt: das war ein See und eben kein Meer! Der Rationalist mag anmerken „Kinder, Kinder: was streitet ihr denn! Ist doch alles nur H2O!
Wo ist das Problem?“ Nun, eins vorweg: der Rationalist hat hier gar nichts verstanden! „They say the sea is cold, but it contains the hottest blod of all!“ so die berühmten „famous first words“ aus „Moby Dick“ von – na? Eben! Herman Melville. Und da steckt sie schon drin, die tiefe Wahrheit – in nur einem, ersten Satz: das heiße Leben entstammt aus den kalten Fluten der Ozeane. Keine dichterische Burleske, kein Firlefanz: klare Fakten, Fakten, Fakten! Da kommen wir alle her, aus dem Meer, aus dem Meer, aus dem Meer!
Kein Wunder also, daß es uns Menschenkinder allesamt immer wieder ans Meer zieht, an den Ursprung unsres Seins… Wellen hören, Salz auf der Haut und das ewige Rauschen in den Ohren. Das Meer ist so gesehen, nichts anderes, als ein Destillat aus Lignano, Bibione, Mallorca und Ibiza. Meer ist natürlich die Sehnsucht nach „mehr!“: die ganze Ungeheuerlichkeit von Naturgewalt wird uns am Meer bewußt vor Augen geführt, hier bekommen wir gezeigt, wie klein, unbeholfen und stümperhaft das menschliche Dasein eigentlich wirklich ist – am Meer: im Angesicht von Größe schrumpft der Mensch auf sein wahres „Format“ zusammen – so ist das eben!

Noch etwas: wir können es befahren, betauchen, befischen und beschimpfen – äußerlich bleibt es immer gleichmütig es selbst: wir können es verschmutzen, komplett leer fischen, aber den Zauber der rollenden Wogen an den Küsten werden wir nie entfernen können. Das ist eine tiefe Genugtuung – zumindest DAS bekommen wir so schnell nicht hin.
Nachdem wir Menschenkinder „es“ nicht so schnell schaffen werden, das Meer klein zu kriegen, ist es ja auch egal und wir könnten uns darüber Gedanken machen, wie wir es erhalten können: den Urquell des Lebens. Früher, da waren noch so an die 300 000 Blau- wale in den Ozeanen zugange – heute sind es noch knapp 3000 Exemplare. Der Bestand ist also auf ca 10 %  zusammengeschrumpft. Mit ihm – salopp gerechnet – die gesamte Nahrungskette. Wußten Sie, daß es nicht ungewöhnlich ist, daß bei einem durchschnittlichen Fischzug 90 % Beifang (vulgo: die Lebewesen, die unverwertet bleiben) wieder tot über Bord gehen? Deutsche Krabben haben mittlerweile mehr Flugmeilen hinter sich, als der Konsument, der sie in der NORDSEE Filiale kauft und zuhause verzehrt. Denken Sie dran, das nächste Mal beim Italiener, wenn Sie Scampi bestellen wollen…

Das Meer ist ein großes Ganzes und gibt unserem Planeten die Farbe. Das Meer ist somit unsere Familie, unser „daheim“. Gehen wir damit achtlos um, gehen wir mit uns selbst achtlos um! Wollen wir das?

Auf dem Mond waren bereits mehr Menschen als in den tiefsten Tiefen der Meere! Was für eine Arroganz, was für eine Selbstüberschätzung liegt in dieser Tatsache begraben! In Bayern würde man sagen „Wos fahsd na so weid, wenn´sd di ned dahoam auskennst?“ Wir Menschen sollten den Planet erst einmal kennen und lieben lernen, bevor wir ihn aus purer Sorg- und Ahnungslosigkeit zugrunde richten. Wer einmal Delphinie oder Wale in freier Wildbahn beobachten konnte, der wird nur noch ein kraftloses Lächeln für Aufkleber übrig haben, die in den Supermärkten zu finden sind „Delphinfreier Thunfisch!“. Wer einmal in Kanada Lachse hat springen sehen, den werden die eingeschweißten „graved lachs“ Päckchen bei ALDI schlicht ankotzen: muß der letzte arbeitslose Hartz4-ler in diesem Lande nun auch noch seinen Lachs haben, um vermeintlich glücklich zu sein?

Vergessen Sie die Kirchen – fraglos zum Teil bewundernswerte Handwerkskunst auf allerhöchstem Niveau – aber im Vergleich zur reinen Schöpfung (die Sie immer noch weitenteils in den Ozeanen finden können!) blanke Stümperei! Im Meer wartet die Schöpfung persönlich – und wenn Sie sehen können, blicken Sie in die Augen des Herrn! Im Angesicht dieser Herrlichkeit werden Sie keinen Fisch mehr bestellen können – nicht auf dem Festland, nicht vom Supermarkt und nicht von Herrn Schubeck oder sonstwem zubereitet!   
Passen Sie also – „Verdammt nochmal!“ möchte man sagen! – auf sich auf  – und auf das Meer!