Piraten sind wir

Noch bis Ende Juni geht der Wahnsinn der Nationalbekenntnisse an vielen der PKW und LKW, die wir so Tag für Tag an uns vorbeiziehen sehen – Nebenprodukt eines in Deutschland wieder erwachten Nationalgefühls (das – selbstredend!!! – WEIT davon entfernt ist, wieder zurückzufallen in jene dunkle, deutsche Ecke, in der dereinst ein Mann mit charakteristischem Schnauzer die Geschicke des Landes zu lenken versuchte und uns allen ein großdeutsches Reich versprach!).

Nein, 63 Jahre später und nach Zahlungen von unendlichen Milliarden in alle Herren Länder haben es auch wir verdient, den Wimpel der Nation ans Auto klemmen zu dürfen – als pures Zeichen der Solidarität für „unsre Jungs“ auf dem Rasen.
So weit, so harmlos.

Darf man weiterdenken, soll man weiterdenken? Kann denken schädlich sein – für den Denkenden selber, wie auch für sein Umfeld? Klares Nein! Denn laut Grundgesetz und dem ganz allgemeinen Selbstverständnis (genauer: dem theoretischen Selbstverständnis) haben wir Bürger eine Pflicht als Demokraten mitzudenken, denn sonst wären wir des Wahlrechtes nicht würdig. Also müssen wir sogar mitdenken, wenn wir die Geschicke unseres Landes mitbestimmen wollen – und eigentlich wollen wir das ja auch.
Wir. Ein Volk von Bundeskanzlern und Bundestrainern.
Kann das gut gehen, mit der Mitbestimmung, bei diesem Überangebot an Informationen, die tagtäglich über uns hereinbrechen? Was betrifft uns davon wirklich und was können wir faktisch tun? Wie solide sind die Informationen eigentlich, wenn vor Jahrzehnten bereits ein SPIEGEL-Reporter in einem Interview bekundete, dass der SPIEGEL wahrscheinlich sogar mehr Geld mit den Nachrichten verdiene, die er (das Magazin an sich, Anm. der Redaktion) nicht veröffentliche?
Sind wir eigentlich noch in der Lage, uns ernsthaft mit den komplexen, globalen Zusammenhängen zu beschäftigen – wo unser eigenes Dasein bereits so komplex geworden ist, dass man vor lauter „Zwischenfällen“ (Handyausfall, PC-Absturz, Heizungskollaps, Autopanne, Falschlieferungen, etc., etc., etc.) kaum noch dazu kommt, seinem eigenen Alltagsgeschäft nachzugehen; darüber hinaus sollten noch die privaten Unwägbarkeiten wie Krankheiten, Unfälle, plötzliches Ableben eines Verwandten / Bekannten und, und, und… nicht unerwähnt bleiben.
Wie also damit umgehen und gleichzeitig noch ein rechtschaffender und
ernstzunehmender Demokrat bleiben? Eben – das geht nicht! Jedenfalls muss man zu dieser ernüchternden Feststellung gelangen, wenn man wirklich ehrlich sein möchte.

Schlussfolgerung?
Freibeuterei der Sinne und der Gedanken! Seit Tagen trage ich daher mein Ringelhemd stolz durch die Welt und werde von vielen (vornehmlich Müttern, die ihre Kinder zum Kindergeburtstag fahren!) freundlich angelacht, wenn ich mit der Piratenfahne durch den Straßenverkehr cruise – man muss ja nicht gleich ein Asphalt-Rowdie sein, nur weil man den Totenkopf mit sich spazierenfährt…