In die Röhren geguckt

Flavin’s Muse gab es billig bei Hertie

Keine Angst – ich muss Sie nicht mehr warnen. Die Ausstellung von Dan Flavin ist aus und vorbei – Sie KÖNNEN gar nicht mehr hingehen, auch wenn ich sie jetzt erst madig mache. Aber Rache muss sein und Sie sollen auch erfahren, warum.

Ätzend – ich hasse Schlange stehen, wenn man schon entschlossen ist, sich von einer Kunstausstellung seine kostbare Freizeit fressen zu lassen. Es gibt offensichtlich eine Menge Fragen zu beantworten, da vorne am kaum noch sichtbaren Spitzenfeld der geduldigen Reihe von Lichtkunstliebhabern. Endlich dran, nachdem ich den kleinen Hautschuppen am Revers meines Vordermannes schon allen Namen gegeben hatte, erkannte ich in der freundlichen Ansage der Kassiererin den Grund für die endlos langen Diskussionen. Wenn man sich nicht als Student ausweisen kann oder einen Arm verloren hat, sollte man mit der Dame über eine Zwischenfinanzierung des Eintrittsgeldes nachdenken.

Doch jetzt zur Kunst. Gesetzt den Fall, Sie sind vor 1970 geboren und Sie waren trotzdem in der Lage, große Kaufhäuser sehenden Auges zu betreten, begegnete Ihnen in allen Ecken genau die Kunst, die ich nun für ein halbes Monatseinkommen eines venezuelanischen Dorfpolizisten besichtigen und bestaunen durfte. Erinnern sich noch an die pyramidenförmig mit der Spitze nach unten angeordneten Hängeleuchter in den Riesenfoyers? Na? Und was strahlte uns von dort entgegen? Yep – Neonröhren! Oder in der Abteilung „Junge Trends“: Da hingen sie auch einzeln an der Wand mit so duften Farbfolien überzogen. Später auch in der Kosmetikecke.

Szenariowechsel: Erster Raum der Führung. Ich bin geizig und kann mir wegen der Münchner Immobilienpreise schon gar nicht vorstellen, wie man es fertig bringt, in der Innenstadt einen GANZEN Raum lediglich mit einer Funzel – verzeihen Sie – einer Neonröhre zu bestücken. Und sonst nix. Fassungslos verharre ich und hoffe inständig, dass die weiteren Prunksäle mehr Licht ins Dunkel des in die Falle gegangenen Autors brächten. Übrigens: Weil sonst nichts da war, habe ich mir die fahlweiße Neonleuchte genauer angeschaut. Osram Standardware wie über der Werkbank, nix Gucci oder so.

O.K give it a chance. Ich mach’s kurz. Im zweiten Raum zwei Leuchten (eine davon jetzt blau), im dritten Raum… Haha – reingelegt! In einem waren sogar mehr als 64, also bitte Respekt, das war ganze Arbeit vom Museumselektriker. Oder hat der Meister am Ende selbst Hand angelegt?  Ich glaube, vorn am Eingang stand, der ist schon tot. Sie sehen, ich kenne mich mit der Materie nicht so aus. Womit ich mich aber auskenne, ist das miese Gefühl, wenn man am Ende der Führungslinie aussteigt. Was war DAS denn? Wo geht’s hier zum richtigen Event – ich meine wo es so voll fett abgeht mit der Kunst und den Leuchten?

„Hallo, Sie da! Sie wissen schon, dass fotografieren hier verboten ist?“ Werde ich doch von hinten angeranzt, während andere Hundert Neongasentladungs-Fetischisten vorne alle kräftig Ihre Drei-Megapix-Handys in die Höhe recken. Es kam zu einem kurzen Schlagabtausch zwischen mir und der Dame in Museumsuniform, ich zog den Kürzeren, und ab dann war mir die streitbare Wächterin ständig auf den Fersen. Ätsch, verloren, ein Schuss aus der Hüfte, ein weiterer unter der Achsel durch. Sollen auch andere sehen, was sie verpasst haben und hiermit ein Dank an die Deko-Chefs in Pension von Karstadt und Hertie. Ihr wart der Zeit um Jahrzehnte voraus und erst jetzt weiß ich, was ich bei Euch immer kostenlos als leuchtende Dreingabe bekommen habe