Steampunk

Rückbesinnung in die Zukunft

Würde Kapitän Nemo mit seinem berühmten Unterseeboot Nautilus in einem Hafenbecken irgendwo auf der Welt auftauchen, was würde er zu unserer digitalen Plastik- und Wegwerfgesellschaft der Neuzeit sagen?

Jede Kulturepoche brachte ihre Zukunftsvisionen mit sich. Populär wurden Visionäre in der Aufbruchszeit der industriellen Revolution erst durch die ersten Megaseller wie die Romane von Jules Verne oder H.G. Wells. Inspiration aus Romanen wie 20.000 Meilen unter dem Meer oder Die Zeitmaschine aus den Pionierzeiten moderner Technologien im 19.Jahrhundert stellen heute die Grundlage für eine neue Gegenkultur zum reellen Entwicklungsstand.

Vertreter und Exponate dieser Gegenkultur tauchen in letzter Zeit immer häufiger in der Mode, in Designs oder auch im Film auf. Seit zwei Jahrzehnten hat diese Subkultur einen Namen und man spricht man hier von Steampunk.

Wie müsste ein Fernseher aussehen, wenn er die benötigte Energie nicht aus einer Steckdose, sondern aus einer Dampfturbine bezöge? Aufzugsfedern statt LiPo-Akkus oder Zahnräder anstatt Servomotoren bilden die Materialsammlung, aus der erfindungsreiche Tüftler faszinierende, fast lebendig wirkende Skulpturen für eine gedachte Ewigkeit zusammenschrauben.

Die Materialien, mit denen es schon in Romanen von Jules Verne gelang, die Schwerkraft auf dem Weg zum Mond zu überwinden oder in den Tiefen der Ozeane dem ungeheuren Wasserdruck zu widerstehen, finden sich hier und heute immer noch wieder, wohingegen Geräte der uns bekannten Technologie maximal nach 10 Jahren das zeitliche segnen und im besten Fall zu Plastiktüten oder Einwegflaschen recycelt werden.

Zukunftsvisionen aus der Sicht des viktorianischen Zeitalters stellen das äußere metall- und lederglänzende Gerüst des Steampunk. Aber auch eine gewisse innere Geisteshaltung und Wertschätzung aus dieser optimistischen und fortschrittsgläubigen Epoche des England zwischen 1837 und 1901 ist längst zur Stilikone unter den Steampunkern geworden. 

Treffen unter Kollegen werden stilecht in Zylinder, Weste und Stehkragen und bei den Damen in Korsagen abgehalten.

Auch sollte man sich gepflegt auszudrücken wissen:

Etwas aus der Mode gekommene Bezeichnungen werden im Steampunk recycelt und zu neuem Glanz poliert und gepflegt kombiniert:

Differenzmaschine ist der Ersatzbegriff für Computer, der Ikonograph steht für die Fotokamera und der Begriff Äther wurde wiederbelebt für den Raum, in dem mysteriöse, oftmals auch elektrische Phänomene auftreten.

Wollen Ausstatter aktueller Science Fiction Filme mit Ideen glänzen, so bedienen sie sich längst aus dem Nähkästchen des Steampunk: Hellboy, Van Helsing oder auch Wild Wild West wären beispielsweise längst aus unserem Gedächtnis entschwunden, wären da nicht diese kleinen Gizmos und Gadgets gewesen, die aus den Schmieden der Retro- Designer unsere Fantasie ankurbelten.

Die Kreativen unter den Steampunks sind kultivierte Jäger und Sammler. Sie kombinieren Flohmarkt-Trophäen aus Leder, Holz, Messing und elektronische Bauteile in wochenlanger Feinarbeit zu neuen Homunkuli und stellen die Exponate dann freudig der staunenden Öffentlichkeit vor. Verkauft wird selten, lieber schon verliehen. Denn der Gegenwert für die Unmenge an liebevoller Kleinarbeitstunden ist selten zu taxieren. Die Stars aus der Szene wie Joachim Buff oder Richard „Doc“ Nagy verlangen z.B. für ein viktorianisch modifiziertes Notebook bis zu 7.500 Dollar.

Der Designer Alexander Schlesier aus Ingolstadt, der dankenswerterweise die Bilder zu diesem Artikel lieferte, ist ebenfalls auf dem Weg zu den ganz Großen in der Szene und derzeit noch nebenberuflich missionarisch tätig, wenn es darum geht, den staunenden Vertretern der Medien das Wesen des Steampunk zu erklären.

Eine charmante und dekorative Subkultur ist weltweit langsam auf dem Vormarsch. Wer sich eingehender mit dem Steampunk beschäftigen möchte oder gar selbst zur Weiterentwicklung beitragen möchte, dem sei die Mitgliedschaft in der Deutschen Steampunk Gesellschaft empfohlen, die den Interessenten auf Ihrer Startseite mit folgenden Worten begrüßt:


„…Nehmen Sie Platz im Rauchersalon an Bord des Steampunk Magazins Clockworker und lernen Sie die anderen Gäste auf unserer Reise durch den Ætherraum kennen. Bei einem guten Whiskey oder einem Gläschen Absinthe lassen sich Kontakte einfacher knüpfen und die Konversation auf ungeahnte Höhen treiben…“ 

Weblinks:

http://de.wikipedia.org/wiki/Steampunk  Hintergrundinfos zu Steampunk

http://www.steampunker.de  Alexander Schlesiers hocherstaunliche Webseite

Musik:

http://www.youtube.com/watch?v=yeEI-hh3MG0  Steampunk Revolution by Abney Park mit einer halben Mio Aufrufen