Alt bleibt alt!

Eine Antwort auf das YACHT CLASSIC special 1 / 2007

Eine philosophische Frage wird hier angeschnitten, ob man einer Antiquität mit Neuerungen beikommen soll oder darf – eine verständliche Frage, denn unsere Zeit (und unser Zeitgeist!) beschäftigt sich zusehends nicht mehr mit der Bewältigung des Alltags, sondern mit der Frage, wie sich eben dieser (oftmals dröge!) Alltag versüßen läßt! So manch einer, der mit etwas mehr Taschengeld ausgestattet ist, kommt recht schnell auf die unterschiedlichsten Antiquitäten (Möbel, Bilder, Autos, Häuser oder eben Boote) als Sinnbild der Erhöhung der  Alltagsfreuden. Die ersehnten Sammlerstücke zu finden ist der erste Schritt, der dem Enthusiasten oftmals mehr Kopfzerbrechen verursacht, als anfangs gedacht: da gibt es – dem Internet sei Dank – schon allerlei Adressen, an die man sich wenden kann: nur „auf den ersten Sitz“ ist die angedachte Präziose nicht zu bekommen. Was bleibt? Die Wartezeit verkürzen und sich schlau machen: Fachjournale blättern, entsprechende Interessensgemeinschaften aufsuchen, Telefonate führen und sich „in Details einfuchsen“.  Daraufhin wird der Wunsch genauer eingegrenzt und damit die Suche einerseits zwar erschwert – doch andererseits die Vorfreude gesteigert! Das Kind im Mann ist wach geworden und jetzt geht´s los!
Irgendwann dann, nach einem, zwei oder mehr Jahren ist es dann soweit: ES ist entdeckt, gefunden, aufgespürt! Ehefrauen und Kinder werden hochgescheucht und der Familienvan angelassen, denn jetzt steht der Wochenendausflug mit klarem Ziel auf dem Programm: DER Jaguar E-Type am Bodensee (siehe auch „Was den Michel movt“), DIE eine Barock-Kommode vom maitre d´ebeniste Francois Oeben oder DAS Folkeboot in der Kieler Förde…
Nehmen wir für unser Beispiel weiterhin an, daß ES nun auch wirklich DAS Stück des Herzens gewesen ist, weswegen „Mann“ Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt hat, darf unser Beispiel weitergehen: ist ES nun wirklich genau (aber auch wirklich GENAU!) das, was wir uns vorgestellt haben?
DAS ist die „Gretchen-Frage“!
Denn genau an diesem Punkt fangen die Diskussionen an, auf die sich der oben genannte Artikel von Herrn Braschos stützt: wie gießt „Mann“ seine eigenen Wünsche nun in die Form des gerade angeschafften Heiligtums! Herr Braschos antwortet hier mit einem diplomatisch-großherzigen „Erlaubt ist – was gefällt!“ (ein journalistischer Standpunkt, der nachvollziehbar ist, denn natürlich geht es auch um Leser, die man ja nicht durch einseitige Standpunkte verprellen will!).
Nun, die Chef-Etage des „Michel“ mag zwar nicht vollverspiegelt sein, aber sie bietet in diesem einen, speziellen Fall den Vorteil, einen professionellen Restaurator im Team zu haben, der sich – auch fachübergreifend – so seine Gedanken zu diesem Thema gemacht hat –  hier sind sie:

„Es kommt immer auf die Wünsche an: eine Antiquität sollte immer eine Bereicherung sein und keine Alltagspflichten übernehmen müssen! Immer wieder komme ich bei meinen Kunden auf den Widerspruch zwischen Anspruch und Wirklichkeit – den muß man kennen!“ Weiter führt er aus: „Kein vernünftiger Mensch kommt auf die Idee, sich nach langer Suche einen FORD Model „T“ zu kaufen und ihn dann mit Servo Bremsen und Airbags zu versehen. Ein Holzboot aus der Werft Abeking&Rasmussen mit Carbon Mast zu bestücken ist ein gleichwertiges  Verbrechen, wie einer Roentgen-Kommode Teleskop-Auszüge zu verpassen oder sie mit DD-Lack zu spritzen!“

„Oldies“ zu kaufen heißt eigentlich: Flagge zeigen! Wofür? Für Entschleunigung, für Genuß, für Lebensstil und Kultur! „Mann“ muß sich schon hineindenken, in die Natur der Dinge, die man liebt, man muß mit ihnen leben, reden, sie überzeugen – davon, daß man der „richtige“ Besitzer ist und dafür liebevoll Sorge trägt, daß sie auch erhalten werden!
Nur Geld haben und es für entsprechende Insignien des Reichtums auszugeben, ist wirklich nicht schwer – für den Kenner ist ein derartiger Lebensausdruck sofort entlarvt! „Umgebaute“, „leicht modifizierte“ oder „getunte“ Antiquitäten mögen ahnungslose Zwanzgjährige beeindrucken – aber für wahre Liebhaber sind sie eine Beleidigung!

Ein harter Standpunkt? Nun, mag sein. Das Mann-sein hat eben auch mit einem klaren Bekenntnis zu tun – in Zeiten der globalisierten Beliebigkeit sicherlich nicht eben einfach. Diese, unsere Zeit bietet aber auch eine nie dagewesene Fülle an Möglichkeiten an: Sie können sich „Ihr“ Traumboot, Traumauto oder Traummöbel auch direkt anfertigen lassen – dann haben Sie genau was Sie wollen und müssen keine Antiquitäten / Oldtimer „vergewaltigen“; leichte Modifikationen, die ohne großen Aufwand wieder „rück-gebaut“ werden können sind akzeptabel (allerdings auch für den echten „Hardliner“ ein Greuel!); vor Veränderungen, die einen Rückbau jedoch unbezahlbar werden lassen, ist jedoch generell abzuraten (nicht zuletzt, weil sie mit einem gegen Null wandernden Wertverlust einhergehen!).